Konfliktregelung
in den
frühmittelalterlichen Leges
2.
Kapitel - Die wichtigsten Quellen des geschriebenen Rechts
I. Lex
Salica
II. Lex
Burgundionum
III. Lex
Visigothorum
IV. Lex
Ribuaria
V. Lex
Alamannorum
VI. Lex
Baiwariorum
VII. Edictum
regis Rotharis (Leges Langobardorum)
VIII. Lex
Frisionum
IX. Lex
Saxonum
X. Lex
Thuringorum
XI. Kapitularien
2.
Kapitel - Die wichtigsten Quellen des geschriebenen Rechts
Im
diesem Kapitel gebe ich einen kurzen Überblick über die
Rechtsquellen des frühen Mittelalters, über deren Verfasser
und deren Geltungsbereich.
In
der Hauptsache beinhalten die Volksrechte Regelungen, durch die
die verfeindeten Sippen dazu verlanlaßt wurden, statt der
ursprünglichen Fehde nun die Sache durch einen Sühnevertrag
zu beenden (Kompositionensystem). In dem Sühnevertrag sollte
sich der Täter bzw. dessen Sippe dazu verpflichten, dem Verletzten
als Ausgleich eine Buße zahlen[34]. Es werden
daher in den Volksrechten überwiegend die damals vermutlich
am häufigsten vorkommenden Delikte katalogartig aufgezählt
und für jede Verletzung eine Bußtaxe festgesetzt[35].
I.
Lex Salica
Dieses
Volksrecht (507-511) wurde auf drei großen Volksversammlungen
von vier dazu ausgesuchten Männer unter König Chlojo geschrieben,
unter den Merowingern ergänzt und von Karl d. G. (768) revidiert.
Es ist rein germanisches Recht, frei von römischen Einflüssen,
und galt in den Ländern der Salfranken bis über das 9.
Jahrhundert hinaus[36]. Ihr Inhalt umfaßt
größtenteils Bestimmungen des Wergeldes für einzelne
Verletzungen.
II.
Lex Burgundionum
Die
Lex Burgundionum geht auf König Gundobald zurück. Dieser
sammelte seine eigenen Gesetze und die seiner Untertanen und machte
so einen liber constitutionum (ca. 500). Geregelt wurden größtenteils
Vergehen und deren Bußen. Es galt für alle Burgunder
und war damit ein Stammesrecht. Jedoch hörte ihre Geltung mit
der Einverleibung Burgunds in das fränkische Reich (ca. 534)
nicht auf, sondern blieb für die Burgunder bis zum 10. Jahrhundert
bestehen[37]. Die Lex Romana Burgundionum wurde
um ca. 506 für die in Burgund lebenden Römer geschrieben
und entstammt den damaligen römischen Rechtsquellen.
III.
Lex Visigothorum
Der
Westgotenkönig Reccared ließ 592 diese Sammlung von Rechtssätzen
anfertigen und Chindaswind fügte im J. 642 die späteren
Königsgesetze hinzu. Ihr Inhalt entstammt dem einheimischen
und römischen Recht. Es galt weiter unter fränkischer
und maurischer Herrschaft, bis ins 13. Jahrhundert. Als Landesrecht
ließ es andere Gesetze nur als Belehrung zu. Für die
westgotischen Römer gab es ebenfalls eine spezielle Regelung,
die Lex Romana Visigothorum.
IV.
Lex Ribuaria
Dieses
Volksrecht der ribuarischen Franken wurde unter Theodorich I. (511-534)
aufgezeichnet[38] und enthält einen Zusatz
Karls d. G.[39]. Es galt von Rheinpreussen, Nassau,
Hessen bis nach Württemberg hinein. Es ist der Lex Salica sehr
ähnlich, enthält aber auch römische Einschläge.
V.
Lex Alamannorum
Unter
dem Namen Pactus Alamannorum wurde es wahrscheinlich bereits vor
580 als alamannisches Volksrecht aufgeschrieben[40]
und unter Karl d. G. reformiert. Es galt als Stammesrecht neben
dem eigentlichen Alamanniens in ganz Schwaben und der nördlichen
Schweiz.
VI.
Lex Baiwariorum
Dieses
bayrische Volksrecht fällt wohl unter König Dagobert (Reichstag
v. 635)[41], wurde von Karl d. G. im J. 803 erweitert[42]
und hatte das alamannische und westgotische Volksrecht vor Augen.
VII.
Edictum regis Rotharis (Leges Langobardorum)
König
Rothari veranlaßte 643 eine Aufzeichnung des Recht, welches
er dann vom langobardischen Volk bestätigen ließ und
das für das ganze Reichsgebiet galt. An dieses Edikt wurden
chronologisch die Edikte der späteren Könige angehängt.
VIII.
Lex Frisionum
Dieses
vermutlich unter Karl d. G. im J. 802 zu Aachen veröffentlichte
Recht[43] galt entlang der friesischen Küste
von der Wesermündung bis Zwin. Es ist rein germanisch und enthält
größtenteils Vergehen und deren Bußen.
IX.
Lex Saxonum
Es
wurde ebenfalls unter Karl d. G. im J. 802 auf dem Reichstag zu
Aachen veröffentlicht, ist rein deutsches Recht, enthält
Strafsatzungen und galt im gesamten Sachsen.
X.
Lex Thuringorum
Die
Lex Thuringorum besteht aus verschiedenen Teilen, die bis in 6.
oder 7. Jahrhundert reichen. Es wurde auf dem Reichstag zu Aachen
(802) revidiert und galt von Thüringen bis nach Holstein, Dänemark
und England hinein.
XI.
Kapitularien
Neben
den Volksrechten, als den Normen für die einzelnen Stämme,
die in Gewohnheit und Sitte wurzeln, bedurfte es im fränkischem
Reich allgemeiner gesetzlicher Anordnungen über die nicht in
den Kreis der Stammes- und Volksrechte fallenden Verhältnisse[44].
Sie umfassen die zahlreichen von den merowingischen Königen
erlassenen Königsrechte, die seit den Karolingern allgemein
Kapitularien genannt wurden. Sofern sie Angelegenheiten eines Stammes
betrafen, wurden sie auf der Reichsversammlung vorgelegt, anschließend
durch Abschriften an die einzelnen Grafen veröffentlicht und
von diesen verlesen.
[34]
. Scherner in HRG 995 ff.; Conrad 169.
[35] . Sellert-Rüping 56; Rüping [Grundriß]
7.
[36] . Schulte 597.
[37] . vgl. Schulte 61.
[38] . Die genaue Entstehung ist strittig, vgl.
dazu Brunner I 443 ff.
[39] . Capitula quae in lege Ribuariorum mittenda
sunt.
[40] . So Schulte 65; Brunner I 452 legt die Entstehung
in die Zeit von Clothar IV, zwischen 717-719.
[41] . So Schulte 67; Stobbe [Geschichte] 156 ff.;
eine spätere Ansicht legt die Entstehung in die Jahre 741-744;
vgl. Brunner I 454.
[42] . Capitula legi Baioariorum addita und Capitulare
a. 803.
[43] . Schulte 69.
[44] . Heer, Handel, Verkehr, Kirchen, Finanzen,
Straßen, Verwaltung, Rechtpfege, Verhältnisse des privaten
und öffentlichen Lebens.
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